Als der "echte" Schachsport am Brett ab dem Sommer – mit strengem Hygienekonzept – aus seinem Dornröschenschlaf erwachte, war eines der ersten Turnier gleich die zunächst verschobene Deutsche Jugendeinzelmeisterschaft 2021, die vom 23. bis 29. August 2021 mit zehn parallelen Turnieren über alle Wertungsklassen hinweg zentral in Willingen stattfand.
Bei jeweils neun Runden pro Turnier ging bereits in der Altersklasse U14 (Jahrgänge 2007 und jünger) ein beachtliches Teilnehmerfeld an den Start. Die ersten Acht der Setzliste ergäben rein nach Papierform eine starke Verbandsligamannschaft und würden effektiv wohl locker um den Oberligaaufstieg mitspielen.
Ein Mitfavorit in dieser Gruppe war als Zweiter der Setzliste der Neubiber Marius Deuer.
Deuer hatte in den letzten Jahren für den SC Weiße Dame Ulm gespielt, wohnt aber in Aulendorf (wenn er nicht gerade auf einem – internationalen – Schachturnier weilt) und schloß sich im Juli der TG Biberach an.
Er führt nun zusammen mit Spitzenspieler Bernhard Sinz die Oberligamannschaft der Schachabteilung an und zeigte bei der Deutschen Meisterschaft, warum er als eines der größten deutschen Schachtalente seiner Generation gilt. Dabei ließ er sich auch von einer Armverletzung nicht stoppen.
Deuer, gerade erst 13 geworden, gehörte zu den jüngeren Spielern, ließ sich davon aber nicht schrecken. Er hatte sich ja auch eine Medaille als Ziel gesteckt gehabt und begann stark. Nach sechs Runden war er immer noch ungeschlagen, hatte aber mit drei Remis einen halben Punkt mehr als die Spitzengruppe abgegeben und lag mit 4,5 von 6 Punkten "nur" auf dem siebten Zwischenrang. In Runde 7 kam es dennoch zur Schlüsselpartie und dem direkten Duell mit dem Führenden und späteren Turniersieger Leonardo Costa (SK München Südost). Die beiden Topfavoriten der Setzliste lieferten sich in einer sehr spannenden Partie einen großen Kampf, bei dem Costa schließlich das bessere Ende für sich hatte. Deuer schüttelte den Frust jedoch schnell ab, gewann zweimal sauber zum Abschluß und holte sich mit 6,5 von 9 Punkten eine hochverdiente Podestplazierung. Daß bei einem Sieg gegen Costa (7,5/9) aus Bronze gar Gold geworden wäre, sollte die Freude über den Medaillenrang dabei nicht trüben: Ziel erreicht. Ein überglücklicher Deuer meinte nach dem Turnier, daß neben der Bronzemedaille das Beste war, daß dieses Jahr alle Altersklassen gleichzeitig am gleichen Ort gespielt haben. Einziger Wermutstropfen sei das schlechte Wetter gewesen.
Bereits vom 13. bis 15. August 2021 fand als Ersatz für die abgesagte Spielsaison 2020/21 die Württembergische Mannschaftsmeisterschaft als Rundenturnier in Schorndorf statt. Teilnahmeberechtigt waren alle Ober- und Verbandsligamannschaften, gemeldet hatten zunächst 24 Teams. Am Ende traten sechs Mannschaften wirklich an.
Da das Turnier über fünf Runden angesetzt war, war das jedoch kein großes Problem, konnten so doch „alle gegen alle“ spielen. Es kam hinzu, daß sich unter den Teilnehmern die etablierten Oberligateams der Stuttgarter SF und des SK Bebenhausen befanden, die mit ihren Spitzenspielern antraten. Für eine hohe Qualität war also gesorgt.
Aus Sicht der Schachabteilung mußte sich Holger Namyslo etwas strecken, bis er eine Mannschaft zusammen hatte. Schließlich hielten neben Namyslo noch Stanislav Sokratov und Achim Engelhart aus der Oberligamannschaft sowie Vadim Reimche, Daniel Behringer, Eugen Röttinger und Felix Funk aus der „Zweiten“ die Farben der TG an den Brettern hoch. Und sie wuchsen dabei über sich hinaus.
In Runde 1 setzten die Biber mit einem 3:3 gegen die starken Stuttgarter SF gleich ein Ausrufezeichen. In Runde 2 ging es dann gegen den SK Bebenhausen und auch hier lag eine Überraschung in der Luft. Am Ende konnte sich Bebenhausen aber doch sehr knapp mit 3,5:2,5 durchsetzen.
Die Biber ließen sich allerdings nicht schrecken, gewannen souverän die restlichen drei Runden und holten sich mit 7:3 Punkten hinter Bebenhausen (10:0) und vor Stuttgart (6:4) die Württembergische Vizemeisterschaft.
Mit etwas Glück in Runde 2 wäre rückblickend gar der Turniersieg möglich gewesen. Die Freude trübte das jedoch in keinster Weise.
Das starke Team um Namyslo hatte viele gute Partien auf den Brettern, dabei insgesamt sehr viel Spaß und auch individuell durchgehend starke Bilanzen. Primus inter pares wurde Eugen Röttinger, der mit seinen 3,5 Punkten aus vier Einsätzen auch auf Platz 6 der Topscorerliste des Turniers landete.
Verfasser: Dirk Schindler