Nach Ende des Lockdowns hatte sich die Schachabteilung gerade wieder mit so manchem Hoch und einem Tief einigermaßen berappelt, da kam der neue Lockdown. Zum Glück waren die Onlineaktivitäten auch über den Sommer nie ganz eingeschlafen und feierten gerade ein kleines Jubiläum.
Wie berichtet hatte es zur Mitte der Stadtmeisterschaft ausgesehen, als steuere Titelverteidiger Holger Namyslo ungefährdet auf einen weiteren Stadtmeisterschaftserfolg zu. Direkt vor der Unterbrechung wegen der Coronakrise hatte sich sein Dauerrivale Rainer Birkenmaier allerdings zurückgekämpft, und es schien auf ein Kopf-an-Kopfrennen der beiden schachlichen Schwergewichte hinauszulaufen. Nachdem sich Birkenmaier nach viermonatiger Lockdownpause jedoch in einer Nachholpartie der siebten Runde unentschieden vom starken Alexander Polch trennte, war diese Chance quasi vergeben. In Runde 8 gab Birkenmaier noch ein Remis gegen Dieter Rybka ab, ehe er das Turnier mit einem klaren Erfolg gegen Jürgen Dollinger beendete. Besser aus dem Lockdown und den Coronawirren war Namyslo gekommen, der in seinen beiden ausstehenden Partien weder Reinhard Schätzle noch Hans-Peter Dietrich eine Chance ließ.
Mit 8 Punkten aus 9 Runden sicherte sich Namyslo so doch deutlich eine verdiente Titelverteidigung vor Birkenmaier (7/9). Beide blieben im Turnier ohne Einzelniederlage. Platz 3 holte wie im Vorjahr Polch (6,5/9), der sich mit einem Abschlußsieg in einer umkämpften Partie gegen Luzia Sander knapp vor einem punktgleichen Markus Mock behaupten konnte.
Trotz seiner Abschlußniederlage sicherte sich Altmeister Dietrich (5/9) einen weiteren Seniorentitel vor dem punktgleichen Rybka, der seine Titelchance mit einem Remis gegen Schätzle vergeben hatte. Auf Platz 3 landete hier die lange Führende Sander (4,5/9). Noch knapper und gar dramatisch ging es beim Ratingpreis zu. In der letzten Runde hätte sich Wolfgang Wohlgemuth mit einem Sieg gegen Youngster Dennis Kiefel zum Sieger küren können. Er leistete sich allerdings eine Ungenauigkeit, die Kiefel clever ausnutzte und so sicher gewann. Diese Steilvorlage verwertete wiederum der andere Youngster Erik Hobson. Im Duell mit Jonathan Engert eigentlich klarer Underdog, drehte Hobson (4/9) auf, spielte seinen Gegner an die Wand und gewann überlegen. Damit verteidigte er seinen Ratingtitel auf den letzten Drücker noch vor Wohlgemuth und Nachwuchsspielerin Belanna Haarmann (je 3/9).
Engert hatte hingegen ein unschönes Déjà-vu Erlebnis, da er nun bereits zum dritten Mal in Folge den Amateurmeistertitel für den besten Spieler der unteren Hälfte der Setzliste durch eine Niederlage in der letzten Runde aus der Hand gegeben hat. Als Profiteur erwies sich heuer Herbert Körner, der selbst schon mehrfach knapp am Amateurtitel vorbeigeschrammt war. Zwar mußte er sich nach hartem Kampf in Runde 9 gegen Mock geschlagen geben, aber in Runde 8 hatte er sich mit einem Sieg gegen Haarmann an Engert vorbeigeschoben gehabt und kam nun "auf der Felge" gerade noch ins Ziel.
Die Rückkehr in den Spielbetrieb erwies sich für die Schachabteilung als holperig. Die TG III einigte sich mit dem SC Laupheim, das letzte Saisonspiel nicht mehr zu spielen, da beide Mannschaften in der Bezirksklasse gesichert waren. Ob der Saisonabschluß der Spielgemeinschaft mit dem TSV Reute stattfinden kann, steht in den Sternen, zumal Gegner TG Bad Waldsee in der A-Klasse Süd eher nicht spielen möchte.
Die TG I reiste hingegen zum Saisonfinale zum alten Erzrivalen SF Pfullingen – und hatte da etliche Aufstellungssorgen sowie mit Daniel Behringer einen kurzfristigen (nicht Corona-bedingten) Ausfall. In Unterzahl kämpften die Biber stark, schnupperten zumindest am Unentschieden, hatten dann aber doch mit 3,5:4,5 das Nachsehen. Auf der Positivseite stehen jedoch trotzdem eine hochverdiente und bei 15:3 Punkten auch deutliche Meisterschaft vor Weiße Dame Ulm (12:6), die direkte Oberligarückkehr und ein starkes Debüt des 14-jährigen Erik Hobsons in der Ersten.
Richtig dunkel verlief der nachgeholte Saisonabschluß hingegen für die TG II. Bei zwei ausstehenden Runden wollte man eigentlich zweimal gegen die direkte Konkurrenz gewinnen, um den Klassenerhalt in der Landesliga zu sichern. Gegen den SC Obersulmetingen gab es jedoch prompt Aufstellungssorgen und der Mannschaftskampf verlief auch noch unglücklich, sodaß man nach einem 3:5 richtig unter Druck stand. Dennoch war der Klassenerhalt mit einem Sieg beim SV Jedesheim III weiterhin aus eigener Kraft zu schaffen. Die TG II trat Ende September gar in nominell bester Besetzung an und profitierte davon, daß Jedesheim wegen den neuen Quarantäneregeln auf seine Vorarlberger Mannschaftskollegen verzichten mußte und nur zu Sechs antrat. Nach zunächst gutem Beginn hatten die Biber allerdings in zwei engen Partien das Nachsehen und gaben darüber hinaus in zwei Gewinnpartien den Sieg aus der Hand. Durch ein äußerst bitteres 4:4 stand schließlich der Sturz aus der Landesliga fest.
Der neue Lockdown stellt auch für die Schachabteilung eine Belastung dar. Erfreulicherweise haben sich die Onlineaktivitäten in der Quarantäneliga jedoch auch über den Sommer und Herbst gehalten, sodaß es weiterhin eine Plattform für gemeinsame Schachaktivitäten gibt.
Die Onlinebiber gehen mit Unterstützung einiger befreundeter Spieler anderer Vereine und ein paar Ehemaligen seit 17. Mai auf Lichess.org an den Start, hatten sich zunächst kometenhaft aus Liga 10 bis fast in Liga 4 vorgearbeitet, ehe es im Sommer Ermüdungserscheinungen und den Rücksturz in Liga 8 gab. Seit dem Herbstanfang pendelte das Team munter zwischen den Ligen 6 und 7 und durfte nun zum Redaktionsschluß ein Jubiläum feiern. Der 50. Auftritt in der Quarantäneliga wurde allerdings durch den Abstieg in Liga 8 überschattet. Vornehmlich die mit einigen internationalen Titelträgern gespickten Mannschaften aus Skandinavien erwiesen sich als zu stark.
Dennoch hofft das Team um Holger Namyslo auf eine Rückkehr in höhere Klassen. Die Mannschaft hat mit Namyslo (49 Teilnahmen), Wolfgang Mack (46), Rainer Birkenmaier (43) und Andreas Wegener (44) einen starken Kern, in dem vor allem Mack und Birkenmaier mit durchschnittlich 33,5 Punkten pro Abend sehr gut punkten. Insgesamt gibt es aber etwas zu wenig Mitstreiter. Mit dem neuen Lockdown dürfte das Interesse an Onlineaktivitäten vermutlich jedoch wieder steigen und hoffentlich die zuletzt etwas dünnen Reihen der Onlinebiber auffrischen. Jeder Schachinteressierte kann sich einfach auf Lichess.org registrieren und der Schachabteilung virtuell unter https://lichess.org/team/tg-biberach-club beitreten. Die Quarantäneliga spielt immer Donnertags und Sonntags. Mit dem Lockdown ist übrigens auch der Übungsabend am Freitag wieder auf die Onlineplattform umgezogen und ist über das virtuelle Vereinsheim zugänglich.
Verfasser: Dirk Schindler