TG-Bericht 03/2009 home


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Mannschaftspokal 2009/2010
oder: Der Traum ist tot, es lebe der Traum

Im Frühjahr träumte die Schachabteilung nach einem fulminanten Siegeszug vom Einzug ins Viertelfinale des Deutschen Schachpokals. Dieser Traum platzte jedoch nach einer dramatischen Schlacht mit Zweitligist SF Stuttgart, die man Mitte März knapp 1,5:2,5 verlor. Nach anfänglichen Problemen war es Holger Namyslo, Rainer Birkenmaier und Oliver Weiß gelungen, ihre Partien remis zu halten. Zwischenzeitlich hatte es aber nicht gut ausgesehen und so hatte Spitzenspieler Wolfgang Mack ein mehr als verdientes Remis gegen den Jungstar Andreas Strunski ausgeschlagen und auf Gewinn gespielt. Am Ende fehlte etwas Glück und er verlor, sodaß Biberach ausschied.
Allerdings gibt es schon wieder Gelegenheit zum Träumen, da die Schachcracks mit viel Geschick, Können, aber auch Mühe und Glück sowohl ihren Bezirks- als auch den Württembergischen Pokal verteidigten - und damit zum dritten Mal in Folge am Deutschlandpokal teilnehmen dürfen. Die Auslosung hierfür erfolgt im Spätherbst.
Eine der schwersten Aufgaben hatten die Schachspieler gleich im März beim Bezirks-Halbfinale in Blaustein zu lösen. Nach langem und schwerem Kampf siegte man mit Mühe, aber doch verdient 2,5:1,5. An Brett 4 kam Dirk Schindler gut aus der Eröffnung und gewann mit schönem Mattangriff. Stanislav Sokratov mußte sich hingegen einem druckvollen Gegner erwehren und fiel bei seinem Gegenangriff in beidseitiger Zeitnot einem lethalen Konter zum Opfer. Holger Namyslo spielte seinen Gegner an Brett 2 derweil regelrecht schwindlig und stand klar vorteilhaft. Als der Biber zur eigenen und aller Überraschung seinen Gegenüber doch noch ins Remis entwischen ließ, begann das große Zittern, da ein Remis am Spitzenbrett aufgrund der Feinwertung das Ausscheiden bedeutet hätte. Wolfgang Mack ließ sich jedoch nicht nervös machen und trug nach gut fünfeinhalb Stunden mit sehenswertem Königsangriff den verdienten und entscheidenden Sieg davon. Im Finale wartete nun Anfang April mit Lindau der Dauerrivale in Pokalangelegenheiten. Holger Namyslo und Oliver Weiß legten jedoch los wie die Feuerwehr und brachten ihre Gegner an den Brettern 2 und 3 schnell zur Verzweiflung. Schwerer taten sich zunächst Wolfgang Mack und Herbert Haberbosch, die mit Schwarz erst den gegnerischen Anzugsvorteil kompensieren mußten. Haberbosch baute mit gewohnt umsichtigem und solidem Spiel seine Stellung Zug um Zug aus und gewann so verdient Brett 4. Die spannendste Partie ergab sich bei Spitzenspieler Mack. Dieser hatte sich zwar einen Mehrbauern sichern können, sein Gegner schaffte es aber, in ein remisverdächtiges Turmendspiel zu kommen. Der Biberacher besaß allerdings die besseren Endspielkenntnisse und fand die richtigen Instrumente in seiner Trickkiste, um die Partie ansehnlich zu gewinnen. Damit hatte sich Biberach mit einem überzeugenden 4:0 den vierten Bezirkspokal in Folge (und den sechsten in den letzten sieben Jahren) gesichert und durfte einmal mehr auf württembergischer Ebene ran.
Angesichts der Ansetzung und der Auslosung war die Hoffnung auf eine Wiederholung des württembergischen Pokalsiegs jedoch sehr gedämpft und nach zweimaliger Teilnahme am Deutschlandpokal schienen die Chancen auf einen weiteren nationalen Auftritt eher gering. Alle großen Brocken waren nämlich in die Turnierhälfte der Schachbiber gelost worden. Überraschend einfach gestaltete sich dann aber das Viertelfinale gegen einen langjährigen Erzrivalen in der Verbandsliga. Ex-Oberligist Pfullingen trat trotz Heimrecht nämlich einfach nicht an. Dennoch hielt sich der Jubel in Grenzen, mußten die Biberacher Ende Juni doch zum starken Zweitligisten HP Böblingen reisen und standen im Halbfinale somit vor einer sehr schweren Aufgabe. Spitzenspieler Wolfgang Mack behielt aber (mal wieder) einen kühlen Kopf und überrollte in einer sehenswerten Kurzpartie den Fidemeister Josef Gheng mit einem konsequenten und lehrbuchmäßigen Königsangriff. Taktisch an Brett 4 aufgestellt zeigte Holger Namyslo seine gewohnten Qualitäten sowohl in der anfänglichen Theorieschlacht als auch im anschließenden taktischen Geplänkel. Am Ende stand ein klarer Erfolg zum frühen 2:0. An den mittleren Brettern hatten sich zwischenzeitlich Rainer Wohlfahrt und Stanislav Sokratov, beide ebenfalls gegen Fidemeister, vorteilhafte Stellungen erspielt. Mit zunehmender Spieldauer geriet Sokratov an Brett 3 allerdings unter Druck und die "Papierform" setzte sich doch durch. Ähnlich erging es nach gleichfalls großem Kampf auch Wohlfahrt, sodaß Brett 2 ebenfalls verloren ging. Beim Stand von 2:2 und Siegen in allen Partien mit den weißen Steinen mußte das Los über den Finaleinzug entscheiden. Hier stand Schachgöttin Caissa den Bibern bei und Namyslo bewies ein weiteres Mal ein geschicktes Händchen: Sieger durch Losentscheid.
Beim Württemberg-Finale Anfang Juli erwartete die Schachabteilung den SK Horb zum Finale im TG-Heim und war nun selbst klarer Favorit. Die Horber machten aber schnell klar, daß man sie nicht unterschätzen durfte. An Brett 3 hatte sich eine Theorieschlacht entwickelt, die aber ausgeglichen endete und als die Stellung verflachte, bot Dirk Schindler gegen den Horber Jungstar taktisch remis. Dieser akzeptierte sofort. Am Spitzenbrett rückte Rainer Wohlfahrt bei geschlossenem Zentrum derweil gegen den König vor, sah sich allerdings starkem Angriff an seinem Damenflügel gegenüber. Als der gegnerische Druck immer mehr zunahm, leitete der Biber geschickt in ein weiteres Remis über, da die weiteren Partien vorteilhaft liefen. Holger Namyslo hatte seinen Gegner regelrecht eingeschnürt, ein direkter Durchbruch durch die gekonnte Verteidigung sollte aber nicht gelingen. Mit viel Geduld behielt er den Druck aufrecht, sodaß die Horber Verteidigung an Brett 2 schließlich zusammenbrach. Dank Brettwertung stand Biberach damit als Pokalsieger fest. Daher ließ Oliver Weiß am vierten Brett fünf gerade sein und verzichtete darauf, seinen Gegner weiter zu quälen. Zuvor hatte dieser die Partie konsequent vereinfacht gehabt, Weiß sich jedoch leichte Vorteile im resultierenden Endspiel gesichert.
Mit dem 2,5:1,5-Erfolg und dem zweiten württembergischen Pokalerfolg der Vereinsgeschichte im Rücken darf die Schachabteilung auch zum dritten Mal in Folge am Deutschlandpokal teilnehmen. Bleibt der Aufwärtstrend nach der knappen Erstrundenniederlage gegen Bayern München im letzten Jahr sowie dem unglücklichen Ausscheiden gegen Stuttgart in diesem Jahr bestehen, darf man für die kommenden Aufgaben nun Einiges von der Pokalmannschaft erwarten. Der Traum vom Viertelfinale lebt also wieder...

Dirk Schindler